Fitting: Trend und Trittbrett

[Moderator]

Der jüngste Bericht in einer bekannten Golfbeilage zum Thema Fitting hat mich etwas geärgert. Es wird der Eindruck vermittelt, dass der Stellenwert des Fittings erkannt und mittlerweile in allen Shops und bei allen Marken flächendeckend auf höchstem Niveau geboten wird.

Diese Darstellung hat leider mit der Realität nichts zu tun. Viele Golflehrer sind ausschliesslich von der selbst vertretenen Marke instruiert, die hier mit Sicherheit im Zwiespalt ist: wenige Varianten für eine gewinnoptimierte Logistik oder individuelle Beratung mit weniger Verkaufspriorität. Ich denke mal, die Entscheidung wird hier mehr zu Gunsten der Aktionäre fallen.

Im Bericht werden auch ein paar Bausteine von Messungen und zum Fitting erläutert, leider fehlerhaft. Zu guter Letzt folgen noch empfehlenswerte Anlaufstellen. Von den neun Adressen würde ich persönlich nur zu einer gehen.

Dabei gibt es genügend ehrliche Clubfitter in Deutschland. Jeder mit seiner eigenen Philosophie, aber dies ist kein Problem, wenn es tatsächlich um die Sache und nicht nur um den Umsatz geht.

Die Mehrheit der Angebote/Dienstleistungen sind nach meiner Meinung nur Trittbrettfahrer eines Trends ohne tatsächliches Wissen/Interesse.

Genutzt wird dabei die technische Unwissenheit und das Vertrauen in Markenlabels des durchschnittlichen Golfers. Oder wie es ein mir sehr lieber Clubmaker mal ausgedrückt hat, warum man auch ohne Background als Fitting-Spezialist dastehen kann: "Der Dumme merkt es nicht und der Gescheite meint, es muss so sein."

Mike

[goyenecheroberto]

Nur als Test habe ich mich bei einem der hier in der Golfbeilage Angepriesenen "fitten lassen". Außer der Empfehlung für eine Marke die der Pro selbst spielt stellte ich mich wegen der Armlänge neben eine Tafel mit einer Maßeinteilung und wurde dann noch gefragt ob ich lieber eine hohen oder eher flachen Ballflug bevorzuge. Die Schäfte seien ohnehin alle optimal ab Werk sortiert und seit Jahren im Einsatz; im übrigen könne nur ein Pro auch fitten - ausgerechnet der von mir angesprochenen Pro kann aber allenfalls nur einen neuen Griff montieren. Noch eine Empfehlung des Pro: Ich solle mich nicht von Nicht-Pros, deren Werkstatt sich in einer Garage befinden und die nur die Top Marken schlecht machen würden, beeindrucken lassen. In dem gleichen Pro Shop wird dann ein "gefittetes" Anfänger Set inclusive Bag für 189,00 Euro angeboten ( 14 Schläger ). Na das ist doch was ! Wer sich da aufgehoben fühlt...braucht sich nicht zu wundern oder doch ?

[MW]

Hallo Mike,

das Geschreibsel wird doch aber klar, wenn man hinschaut, mit wem die Interviews geführt werden. Das sind meist Betreiber großer Golfshops, große OEM-Hersteller, usw. Die wirklichen Spezialisten werden zu dem Thema nicht gefragt, weil sie schwerer zu finden sind und häufig keine Anzeigenverkaufs-fördernden Aussagen machen.

Natürlich ist es so, dass die Voraussetzungen für ein ordentliches Fitting in den Proshop grundsätzlich besser geworden sind. Viele Hersteller-Fittingcarts enthalten ordentliches Material und auch eine ordentliche Bandbreite. Wenn allerdings das Personal keine oder nur wenig Ahnung hat, dann hilft es auch nicht, wenn die Voraussetzungen inklusive teurem Trackman optimal sind. Von den dann realen Abweichungen zwischen Bestellung und Auslieferung möchte ich an dieser Stelle gar nicht reden.

Alles aus einer Hand mit Sorgfalt, Sachverstand und Liebe zum Thema gemacht - für mich immer noch der beste Weg zum passenden Material. Und das gibt es nun mal nur selten. Flächendeckend Sachverstand in Proshops zum Thema Fitting ist eine Illusion.

Gruß aus dem Hessenland,
MW

[Moderator]

Ich solle mich nicht von Nicht-Pros, deren Werkstatt sich in einer Garage befinden und die nur die Top Marken schlecht machen würden, beeindrucken lassen.

Der wird doch nicht mich meinen ?

Den Gegenwind kenne ich mittlerweile. Viele Shops und Clubfitter und Clubmaker meinen, die Torte sei zu klein, um zu teilen. Ziemlich beschränkter Standpunkt. Aktuell höre ich viele Klagen von einem Golfshop in Berlin. Für den sind Produkte von uns anscheinend ein rotes Tuch und er verteufelt alles, was er von uns sieht. Täte mir leid, wenn er nur noch so auf Umsatz hoffen kann.

Konkurrenzprodukte tun immer weh, wenn die eigene Kasse leer ist, aber deswegen sollte man nicht die Ehrlichkeit gegenüber dem Kunden aufgeben. Und darauf läuft sowas hinaus.

Ich bin nicht froh über solche Feedbacks, aber letztlich habe ich erreicht, was es zu erreichen gilt. Ein lieber Freund und Macher von ein paar weltweit bekannten Marken hat mir mal gesagt: " Es ist egal, wie man über Dich redet. Das einzig Wichtige ist, DASS man über Dich redet. Das Schlimmste wäre, wenn jedem egal ist, was Du tust." Recht hat er.

Mike

[Lob 64]

Berlin ??
Gruß Helmut

[Moderator]

Berlin ??

Ja ... und kein kleiner. Aber der Name ist egal, da es um die Art und Weise geht. Diese allein auf Verkauf ausgerichteten "Taktik" gibt es auch in Bayern (mehrfach in meiner Nähe) und überall sonstwo in Deutschland und Österreich. Bei einem unsicheren Kunden mit problematischem Schwung geht so eine Rechnung ab und an auch auf, was vor allem für den Kunden schade ist.

Ich empfinde so ein Verhalten immer befremdlich, aber man muss damit leben. Wer mich kennt, weiss, dass ich fremde Leistungen und andere Marken nicht schlecht mache, sondern ggf. nur Messwerte vergleiche, Aussagen hinterfrage oder eindeutige Fakten zur Diskussion stelle.

Die Kritik an anderen stünde einem erst zu, wenn man tatsächlich alle Hintergründe des jeweiligen Auftrags kennen würde, was aber nie möglich ist, da es keine eindeutige Realität gibt, sondern immer nur die Sichtweise eines der Beteiligten.

Mike