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Aluminium-Schäfte

Posted: 02.03.2012, 12:00
by Moderator
Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber sie stirbt:

Wir hatten nun seit längerem das Projekt "Schaft aus hochfester Aluminium-Legierung" in Arbeit. Legierungen mit Aluminium sind generell nicht unproblematisch, aber unser Lieferant war zuversichtlich.

Generell: die nahtlosen Alu-Schäfte spielen sich angenehm und man kann sie vom Gefühl her weder den Graphite- noch den Stahlschäften zuordnen.

Probleme:
- hohe Toleranzen in der Fertigung (unrund, Passtoleranz, Oberfläche)
- diffiziller Härtungsprozeß nach der Verformung (spröde, Flexschwankung, zu hart, zu weich)

Vorteile:
. hoher Spielkomfort
- schöne Oberflächen
- individuelle Biegeprofile
- kleine Stückzahlen

ABER der ausschlaggebende Punkt für die Einstellung des Projekts ist dieses Problem:

Image

Alle Schäfte jeder Härteeinstellung haben sich relativ schnell im Spielbetrieb unreparabel verbogen. Es wurde am Schluß noch ein zweites Fertigungswerk beauftragt, Ergebnis war jedoch identisch.

Mike

Posted: 02.03.2012, 12:14
by henry
Damit bist du nicht der Erste, der daran gescheitert ist. Die Lösung wäre wahrscheinlich wieder die BiMatrix-Idee.

Posted: 02.03.2012, 12:24
by akay
Damit bist du nicht der Erste, der daran gescheitert ist. Die Lösung wäre wahrscheinlich wieder die BiMatrix-Idee.
Wobei die Bimatrix Idee hier komplett anders umgesetzt werden müsste als bei den CFK/Edelstahlschäften von mike, etwa so wie im Flugzeugbau. Dort wird sogenanntes Glare im Kabinenbau eingesetzt, das sind Glasfaser-Aluminium Laminate.
Eine Hülse unten am Schaft wie bei den Bimatrix würde das Problem wohl nur nach oben verlagern. Ich erinnere mich noch gut an Zeiten, als im Windsurfbereich Alumasten aufkamen. Die sind auch bald wieder verschwunden, aufgrund der ungleich größeren Rohrdurchmesser haben sie aber zumindest im Normalbetrieb eines Surfers standgehalten.

Posted: 02.03.2012, 12:48
by Hägar
Mike, das oben so anschaulich bebilderte Problem ist zwar schade, aber nicht überraschend. Das liegt ganz einfach in der Natur des Werkstoffes Aluminium.

Ohne zusehr in die Tiefe einsteigen zu wollen, hilft ein Vergleich des Materialverhaltens zwischen Stahl und Alu.

Stahl weist eine sogenannte Streckgrenze auf. Bis zum Erreichen dieser Streckgrenze verformt sich das Material rein elastisch. Sobald die Belastung wieder weg ist, kehrt das Material in seine Ausgangslage zurück. Es gibt nur eine elastische, aber keine bleibende plastische Verformung. Solange man unterhalb der Streckgrenze bleibt, wird ein Stahlschaft nicht krumm.

Leider anders bei Alu: Dieses Material hat einfach keine definierte Streckgrenze. Gilt leider auch für hochfeste Alulegierungen. Theoretisch führen schon kleinste Belastungen zu kleinsten bleibenden plastischen Verformungen. Im gemäßigten Lastbereich ist dies noch vernachlässigbar. Als vernachlässigbar wird in der Konstruktion und Materialkunde eine bleibende Verformung von 0,2% angesehen. Statt der nicht vorhandenen Streckgrenze wählt man für Alu also die 0,2%-Dehngrenze als Konstruktionslimit für die Belastbarkeit. Darüber wird die bleibende plastische Restverformung immer größer.

Da es an einer Streckgrenze fehlt, unterhalb derer das Material rein elastisch, also ohne bleibende Verbiegung belastet werden kann, führt jeder Schlag in den Dreck dazu, dass der Alu-Schaft jedesmal ein klein wenig krummer wird. Da helfen auch aufwändige Veredelungsverfahren nicht.

Sorry, aber ich halte diesen Ansatz für eine Totgeburt.

LG

Stefan

Posted: 02.03.2012, 13:00
by Moderator
Dass Aluminium ein problematischer Werkstoff ist, ist mir bekannt und hatte ich ja auch geschrieben. Bei meinem ersten Rennbuggy, denn ich baute, setze ich auf Stahl, die anderen auf Aluminium. Ich fuhr, die anderen kontrollierten nach Rissen. Ähnliches im Motorenbau (u.a. BMW Tourenwagen): die Alu- und Magnesium-Zylinderköpfe waren zwar leicht, aber auch ständig in der Werkstatt.

Trotzdem sind mir reale Erfahrungen lieber als theoretische. So habe ich es zumindest probiert und weiß jetzt: aus meiner Erfahrung taugen Aluminiumschäfte nicht für den Golfsport.

Mike