Wie viel Golflehrer braucht der Mensch?

Mike Austin, Moe Norman, PGA oder ... ?
User avatar
Moderator
Moderator
Posts: 5580
Joined: 16.01.2009, 10:46
Youtube: https://www.youtube.com/c/MarkenGolf
Contact:

Wie viel Golflehrer braucht der Mensch?

Postby Moderator » 09.05.2016, 15:39

Bei Schwungdiskussionen geht es manchmal hitzig zu und je nach Argumentation gibt es den "einen" Tourschwung und dann auch wieder nicht.

Was ich allerdings wichtiger empfinde und zu oft unter Wert beachtet sehe, ist die Zielgruppe selbst. In diesem Fall der Golfschüler.

Wie möchte er spielen (Genuß, Turnier etc.)?
Welche Handicapklasse erreichen?
Was wird er dafür tun (können/wollen)?
Was kann er überhaupt erreichen (sportliche Disposition)?

Ist einen Schwungoptimierung erforderlich, korrigiere ich so wenig wie möglich. Will beispielsweise ein Golfer Hcp. 20-25 spielen, reicht es in der Regel, dem Schwung ein, zwei Fehler zu nehmen. Eine komplette Schwungumstellung ist selten nötig.

Ist er trainingsorientiert, muss ich mehr Hintergrundinformationen liefern, damit nichts falsches trainiert wird. Aber keine Informations-Überfrachtung, sonst folgt meist eine "Umsetzungs-Lähmung" - zu viele Gedanken, zu wenig Intuition.

Geht es in Richtung Single-Hcp., muss man noch stärker differenzieren. Ist Talent und Schwung schon da, wird der Lehrer bestenfalls zum Coach. Toptalente sind für mich deshalb nicht unbedingt ein Aushängeschild, denn die können auch mit einem guten Beobachter besser werden und mit einem engstirnigen Lehrer sogar schlechter.

Dazwischen gibt es unzählige Nuancen, darum ist der erste wichte Schritt: dem Schüler gut zuhören und seine Wünsche wertschätzen/respektieren - egal, auf welchem sportlichen Level sich dies abspielt.

Mike
"Der Zweifel ist der Weisheit Anfang."
René Descartes (1596 - 1650),
Philosoph und Mathematiker

https://www.marken-golf.de
Unterwössen im Chiemgau

Die Betreiber vom Golfhaus.de distanzieren sich hiermit ausdrücklich von dem durch Moderator am 09.05.2016, 15:39 verfassten Beitrag.
Und berufen sich auf TMG Abschnitt 3 / Verantwortlichkeit. Sollte dieser Beitrag Ihre Rechte verletzen, bitten wir um Benachrichtigung.

User avatar
Moderator
Moderator
Posts: 5580
Joined: 16.01.2009, 10:46
Youtube: https://www.youtube.com/c/MarkenGolf
Contact:

Postby Moderator » 16.05.2016, 17:33

Die Vita von Dylan Bawden (ADVANCED PGA PROFESSIONAL) passt ganz gut zu dem Thema, für die Ungeduldigen sind die Kernpassagen fett gedruckt:

ZITAT
Seit über 26 Jahren spiele und unterrichte ich Golf und kann mit Sicherheit behaupten, dass dieses Spiel kein leichtes ist, im Gegenteil Golf zählt zu den schwersten Sportarten der Welt. Einerseits kann Golf den Spieler bis an seine emotionalen Grenzen führen und in einem Wutausbruch enden, anderseits ist Golf eines der aufregendsten, mitreißendsten und schönsten Spiele.

Mit 15 Jahren habe ich begonnen Golf zu spielen – für einen Engländer sehr spät. Zu diesem Zeitpunkt hatten meine Freunde bereits Handicaps von 2 oder 3. Ich war wie gefesselt von diesem Sport und habe von morgens bis abends an nichts anderes gedacht. Jede freie Minute stand ich auf der Driving Range, egal ob vor der Schule, in den Pausen oder nach der Schule, und trainierte. In den Ferien konnte ich an einem einzigen Tag sogar 54 Löcher spielen und durch meinen Ehrgeiz war es mir schnell möglich den Standard meiner Freunde zu erreichen.

Golf war mein Leben und schon bald wurde mir klar: "Ich möchte ein Tourspieler werden und die British Open gewinnen." Das war mein Traum.

1992 beschloss ich mich an der Golf Universität in Kingston London zu bewerben. Das Studium dauert 3 Jahre und sollte mir die Türe in den „Starhimmel des Golfsportes“ öffnen.

Begeistert von dieser Idee erschien ich zum Aufnahmegespräch. Wir waren ca. 60 Bewerber die sich um einen Studienplatz bemühten. Als Aufnahmetest mussten wir eine Runde Golf auf einem der schwersten Golfplätze Englands (Silvermere) spielen. Der Prüfer sagte: „Wenn ihr ein Ergebnis von 3 über Par auf den ersten 11 Löchern erzielt, habt ihr den Tourstandard erreicht. Viele Tourspieler wären mit so einem Ergebnis sehr zufrieden!“

Nervös und angespannt starteten wir die Testrunde. Mir war schlecht vor Aufregung. Nach 11 gespielten Löchern hatte ich ein Ergebnis von 2 unter Par erreicht. Der Prüfer konnte es kaum fassen. Meine Mitbewerber lagen zu diesem Zeitpunkt bei 12 und 13 über Par.

Ich hatte die Aufnahmeprüfung mit Bravour bestanden. Mein einziges Ziel war es noch besser zu werden. Das Training mit meinem neuen Coach begann und wider meines Verständnisses sagte mein Golfprofi, dass mein Schwung nicht korrekt sei und es einer Menge Arbeit bedarf, um diesen zu verbessern.

In der Annahme, der Coach habe Recht, begann ich an meinem Schwung zu arbeiten. Doch anstatt mein Spiel zu verbessern wurde ich von Tag zu Tag schlechter. Am Ende meines Trainings war mein Spiel so schlecht, dass ich nie wieder ein Ergebnis von 10 über Par auf den ersten 11 Löchern erreichte.

Ich war am Boden zerstört und nach einem Jahr Training verlor ich mein komplettes Selbstvertrauen in mein Spiel. Selbst zu diesem Zeitpunkt glaubte ich noch an die Fähigkeit meines Coaches mein Spiel zu verbessern.

Im 2. Studienjahr lernte ich die British Open Gewinnerin, Vivien Saunders OEB kennen. Sie konnte es nicht fassen wie ich bis zu diesem Zeitpunkt an der Universität unterrichtet wurde und welche Masse an theoretischer Information mein Spiel verbessern sollte. Sie frage mich: „Dylan, wenn Mark James oder Eamon Darcy (beide berühmten Golfspieler haben einen sehr ungewöhnlichen, individuellen Golfschwung) bei dir eine Prostunde nehmen würden – was würdest du zu ihnen sagen?“

Meine Alarmglocken läuteten. Gibt es „DEN RICHTIGEN GOLFSCHWUNG???"

Im 3. Studienjahr trainierte ich mit meinem Lehrer weiter. Mein Golfspiel war vernichtet. Ich hatte mein komplettes Selbstvertrauen verloren und meine Nerven lagen blank.

Doch gerade diese Erfahrung hat mich aufgeweckt. Ich fragte mich immer wieder: “Was ist passiert?“ Bald kamen die Antworten auf meine Frage. Ich recherchierte in Büchern und Artikel, die dieses Phänomen des Scheiterns erklärten. Auch berühmte Tourspieler haben miterlebet, wie durch falsches Training ihre natürliche Fähigkeit Golf zu spielen zerstört wurde.

Ich widmete meine Dissertation diesem Thema. Die Conclusio ist: Paralyse durch Analyse! In anderen Worten: unser Gehirn lernt nicht durch theoretische Analyse der Tätigkeit die wir ausführen wollen, sondern durch permanentes Wiederholen und Üben der Tätigkeit oder Bewegung.

Ein Beispiel: Sie wollen Eis essen.

DIE EISESS-GEBRAUCHSANLEITUNG: Halten sie ihren Kopf still! Öffnen sie ihren Mund! Bewegen sie ihren rechten Arm in Richtung Mund ohne dabei das Eis los zu lassen! Ellenbogen in 90 Grad Winkel! Fokussieren sie mit ihren Augen die Eistüte und bewegen sie langsam das Eis in Richtung Mund! Halten sie den Winkel ihrer Schulter! .......

Sie werden mir zustimmen, durch diese Anleitung werden Kinder und Erwachsene nicht Eis essen lernen. Doch ich versichere ihnen – so kompliziert wird der Golf unterrichtet!

Meine Dissertation hat mir große Anerkennung gebracht und ich bekam den Titel „Advanced PGA Professional BSc“ verliehen von der PGA in England. Ich lernte AJ Bonar, einen bekannten Golfprofi in San Diego, USA, kennen, der sich bereits seit den 70 er Jahren mit diesem Thema beschäftigt.

Trotz all meiner Erfahrungen kann ich mit Überzeugung behaupten: Ich liebe und lebe Golf. Als Lehrer unterstütze ich meine SchülerInnen dabei den praktischen Zugang zu ihrem Golfschwung zu finden. Mein Ziel ist es zu lehren, den Schläger zu fühlen und sie dahin zu leiten, den Golfschwung zu einer natürlichen Bewegung zu machen. Mein Unterricht wird nicht durch theoretischen, wissenschaftlichen Golfjargon geprägt sondern durch die Vermittlung von der praktischen Fähigkeit den Golfball zu treffen.
ZITAT ENDE

Mike
"Der Zweifel ist der Weisheit Anfang."
René Descartes (1596 - 1650),
Philosoph und Mathematiker

https://www.marken-golf.de
Unterwössen im Chiemgau

Die Betreiber vom Golfhaus.de distanzieren sich hiermit ausdrücklich von dem durch Moderator am 16.05.2016, 17:33 verfassten Beitrag.
Und berufen sich auf TMG Abschnitt 3 / Verantwortlichkeit. Sollte dieser Beitrag Ihre Rechte verletzen, bitten wir um Benachrichtigung.

User avatar
aPerfectSwing
Posts: 2032
Joined: 03.02.2009, 14:07
Location: Nienburg
Contact:

Spannende Darstellung

Postby aPerfectSwing » 16.05.2016, 19:16

Spannendes Zitat.

Das zeigt ja die Wichtigkeit von individuellem Vorgehen gegenüber dem Aufdrücken einer Schwunglehre.

Ein Zitat passend zur Eisess Gebrauchsanleitung von Fred Shoemaker:

You can not teach the golfswing, you only can learn the golfswing.

Genau wie man niemandem Balance beibringen kann, das kann man nur selbst erlernen. Coaching vs. teaching.

Martin

Die Betreiber vom Golfhaus.de distanzieren sich hiermit ausdrücklich von dem durch aPerfectSwing am 16.05.2016, 19:16 verfassten Beitrag.
Und berufen sich auf TMG Abschnitt 3 / Verantwortlichkeit. Sollte dieser Beitrag Ihre Rechte verletzen, bitten wir um Benachrichtigung.


Return to “Golfschwung-Philosophien”

Who is online

Users browsing this forum: No registered users and 2 guests